Gedanken einer bisexuellen Frau in einer heterosexuellen Beziehung.

20.08.2025

Ein Blogbeitrag von Elsa

Zwischen Klarheit und Bezeichnung

Mittlerweile ist für mich klar, dass ich bisexuell bin. Es ist kein großes Fragezeichen mehr, das über mir schwebt. Und trotzdem fühlt es sich für mich am stimmigsten an, mich als queer zu bezeichnen. "Queer" gibt mir mehr Raum, mehr Offenheit. Es klingt weniger nach einer festen Schublade und mehr nach einer Identität, die Platz lässt für Entwicklung, für Unsicherheiten, für das, was ich nicht immer benennen kann oder will.

Eine Liebe und viele Fragen

Ich liebe einen Mann. Und für die meisten Menschen macht mich das automatisch hetero. Es ist fast so, als würde meine Bisexualität verschwinden, sobald ich in einer heteronormativen Beziehung lebe. Für mich selbst ist es anders: Meine Bi-Identität ist da, immer. Sie ist ein Teil von mir, unabhängig davon, wen ich gerade liebe.

Und doch spüre ich manchmal dieses leise Nagen im Hinterkopf: Bin ich nicht "bi genug"? Verdiene ich es überhaupt, mich queer zu nennen, wenn mein Leben nach außen so heteronormativ wirkt?

Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit

Manchmal wünsche ich mir, dass die Außenwelt mehr sieht als nur meinen Beziehungsstatus. Dass Menschen nicht automatisch annehmen, ich sei hetero. Dass sie verstehen, dass meine Sexualität nicht einfach unsichtbar wird, nur weil sie gerade nicht ins Auge springt.

Es gibt eine Bezeichnung dafür : Bi-Erasure - das Unsichtbarmachen oder Verleugnen von Bisexualität. Und auch wenn ich weiß, dass es ein gesellschaftliches Problem ist, bleibt die Unsicherheit trotzdem in mir. Die Angst, nicht ernst genommen zu werden.

Queerer an manchen Tagen

Es gibt Tage, an denen ich mich sehr verbunden mit meiner queeren Seite fühle. An denen ich ganz bewusst denke: Ja, ich bin bisexuell. Dann habe ich das Bedürfnis, meine Identität sichtbar zu machen. Sei es in Gesprächen, in queeren Räumen oder einfach in meinem eigenen Kopf.

Und es gibt Tage, da denke ich kaum darüber nach. Weil es sich für mich normal anfühlt. Weil ich meinen Alltag lebe und meine Bisexualität darin kein Thema ist. Was natürlich nicht beutet weniger Bi zu sein. Dieses Hin- und Her kann verwirrend sein, aber vielleicht ist es auch genau das: die Realität von Bisexualität.


Mehr Raum für das Dazwischen

Mit der Zeit habe ich gelernt: Ich bin mehr als ein Label. Mehr als mein Beziehungsstatus. Mehr als das, was andere in mir sehen wollen. Meine Identität existiert, egal ob andere sie anerkennen oder nicht.

Ich wünsche mir mehr Sichtbarkeit für genau diese Geschichten - für Menschen, die im Dazwischen leben, für die Grautöne zwischen Schwarz und Weiß. Wir sind nicht weniger queer, nur weil wir gerade in einer Beziehung sind, die nach außen hin heteronormativ wirkt.



Vielleicht muss ich mich gar nicht ständig fragen, ob ich "bi genug" bin. Vielleicht reicht es, dass ich weiß, wer ich bin. Dass ich meinen Weg gehe, mit all den Widersprüchen, Zweifeln und Unsicherheiten.

Ich bin bisexuell. Ich bin queer. Ich bin genug.

Hinweis: Dies sind meine persönlichen Gedanken und Erfahrungen. Jede Person erlebt ihre Sexualität anders und dieser Text spiegelt nur meine Perspektive wider.